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Versicherung nicht bezahlen – Die Corona-Einrede

Bei der so genannten Corona-Einrede geht es darum, ob man verpflichtet ist, Versicherungsprämien weiter zu bezahlen oder ob man das Recht hat, die Zahlung auszusetzen.

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1. Grundsätze zu Corona-Einrede

Bei der so genannten Corona-Einrede geht es darum, ob man verpflichtet ist, Versicherungsprämien weiter zu bezahlen oder ob man das Recht hat, die Zahlung auszusetzen.

Die Coronakrise ist im vollen Gange. Ein Ende derzeit nicht absehbar. Schon jetzt zeichnen sich, erhebliche und nachhaltig negative, Auswirkungen auf unser Wirtschaftsleben ab. Viele Unternehmen haben, freiwillig oder unfreiwillig, ihren Betrieb eingestellt. Andere Betriebe haben Kurzarbeit angeordnet. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind, aufgrund der KiTa, Kindergarten und Schulschließungen, zusätzlich mit der Kinderbetreuung belastet.

Hier stellt sich die Frage, was passiert, wenn aufgrund von Umsatzeinbußen, Kurzarbeit, Lohn- und Gehaltsausfall oder ähnlichem, ein finanzieller Engpass besteht und die Versicherungen nicht mehr bezahlt werden können.

Achtung: Es handelt sich um eine vorläufige Einschätzung. Das angekündigte Gesetz, zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht, ist bislang nicht beschlossen worden. Es liegt derzeit eine Formulierungshilfe der Bundesregierung vor. Diese können Sie hier einsehen. Sie wurde am 23.03.2020 vom Bundeskabinett beschlossen worden.

Danach soll:

Für Verbraucher ein Leistungsverweigerungsrecht, in Bezug auf alle wesentlichen Dauerschuldverhältnisse, bestehen. Wesentliche Dauerschuldverhältnisse sollen solche sein, die zur Eindeckung mit Leistungen der angemessenen Daseinsvorsorge erforderlich sind.

Ein Unternehmen, das weniger als zehn Personen beschäftigt und dessen Jahresumsatz, bzw. Jahresbilanz zwei Mio. EUR nicht überschreitet, hat ebenfalls ein Leistungsverweigerungsrecht, wenn das Unternehmen die Leistung nicht erbringen kann oder dem Unternehmen die Erbringung der Leistung, ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs, nicht möglich wäre.

Dies soll für Verträge, die vor dem 08.03.2020 geschlossen worden sind, gelten. Das Leistungsverweigerungsrecht, soll dann bis auf Weiteres, zum 30.06.2020 bestehen.

2. Grundsatz: Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, an den Versicherer die vereinbarte Zahlung zu leisten.

In jedem Versicherungsvertrag ist die Pflicht des Versicherungsnehmers enthalten, die vereinbarte Zahlung an den Versicherer zu erbringen. Also, die in der vereinbarten Höhe, die sogenannte Prämie zu bezahlen. Es handelt sich um die Hauptpflicht des Versicherungsnehmers. Das Versicherungsrecht unterscheidet zwischen der Erstprämie und der Folgeprämie, mit jeweils unterschiedlichen Rechtsfolgen. Erstprämie ist die einmalige oder die erste Prämie für den versprochenen Versicherungsschutz. Folgeprämie sind alle weiteren vereinbarten Zahlungen an den Versicherer, für den Versicherungsschutz.

Auch hier gilt, dass der VN die Zahlung nicht deswegen verweigern kann, weil dies vorübergehend nicht möglich ist. Der Grundsatz „Geld hat man zu haben“ gilt auch hier. Hiervon soll es nach dem Willen der Formulierungshilfe jetzt Ausnahmen für die beiden Gruppen Verbraucher und Kleinstunternehmer geben.

Da bei Zahlungsschwierigkeiten in der Regel die laufenden Verpflichtungen für den Versicherungsschutz nicht mehr erfüllt werden können, d.h. monatliche, viertel-, halb- oder jährlichen Zahlungen, gehen wir zunächst auf die Folgeprämien ein.

Folgeprämie – Zahlungsverzug führt zur Anspruchsverlust und Kündigung

Wird die Folgeprämie Zahlung nicht oder nicht vollständig geleistet, muss der Versicherer seinen Kunden zunächst eine qualifizierte Mahnung, in Textform, zugehen lassen. Diese Mahnung muss eine Zahlungsfrist, von mindestens zwei Wochen, bestimmen. Außerdem muss die Mahnung die rückständigen Beträge der Prämie, Zinsen und Kosten im Einzelnen beziffern. Schließlich muss die Mahnung auch die Rechtsfolge bei Fristversäumnis mitteilen.

Wichtig: Der Versicherer muss beweisen, dass diese Mahnung auch tatsächlich zugegangen ist. Ferner muss sie auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen genügen.

Tritt nach Ablauf der Frist der Versicherungsfall ein, dann braucht der Versicherer nicht zu zahlen! Außerdem kann der Versicherer den Vertrag kündigen.

Einlöseprämie

Wird die Einlöseprämie nicht gezahlt, ist der Versicherer zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt. Kommt es vor Zahlung zu einem Schadensfall, ist der Versicherer nicht zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet. Hierauf muss der Versicherer den Versicherungsnehmer in Textform oder im Versicherungsschein hinweisen. Auch hier liegt die Beweislast beim Versicherer.

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3. Unternehmer und Verbraucher im Versicherungsrecht

Das Versicherungsrecht kennt die Unterscheidung zwischen Verbraucher (§ 13 BGB) und Unternehmer (§ 14 BGB) nicht. Es gibt nur Versicherungsnehmer und Versicherer. Allerdings ist die Unterscheidung insofern wichtig, da die Voraussetzungen für das Leistungsverweigerungsrecht an diese Definitionen des Bürgerlichen Gesetzbuches anknüpfen

Verbraucher – Wesentliche Dauerschuldverhältnisse sind nur Pflichtversicherungen

Betroffen von der Corona-Einrede sind nach dem Wortlaut der Formulierungshilfe bei Verbrauchern, angemessene Leistungen der Daseinsvorsorge. Der Begriff der Daseinsvorsorge ist nicht näher definiert.

Allerdings nennt die Formulierungshilfe in der Begründung ausdrücklich die Pflichtversicherungen als eine solche Leistung. In Deutschland gibt es für Verbraucher nur sehr wenige echte private Pflichtversicherungen.

Die allseits bekannte Haftpflichtversicherung gehört gerade nicht dazu. Eine allgemeine Haftpflichtversicherungspflicht gibt es nicht (obwohl dieses Versicherungsprodukt sicherlich zu den sinnvollsten Angeboten der Versicherungswirtschaft zählt). Auch die Feuerversicherung (Wohngebäude) ist, ob sinnvoll oder nicht, keine Pflichtversicherung mehr. Pflichtversicherungen sind nur Versicherungen, zu deren Abschluss eine Verpflichtung durch Rechtsvorschrift besteht.

Dies ist bei Verbrauchern der Fall bei:

  • Privaten Krankenversicherungen (§ 193 VVG),
  • Kfz-Halterhaftpflicht (§ 1 PflVG),
  • Jäger (§ 17 BJG),
  • Tierhalterhaftpflichtversicherung (Allgemein: Berlin, Hamburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. Für bestimmte Hunde: Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen. Keine Pflicht besteht in Mecklenburg-Vorpommern).

Für solche Verträge, die vor dem 08.03.2020 geschlossen worden sind, bestünde folglich das Recht, die Zahlung vorübergehend zu verweigern. Das bedeutet nicht, dass der Verbraucher von der Zahlungspflicht insgesamt befreit wird, sondern nur, dass ihm ein gesetzlicher Zahlungsaufschub gewährt wird. Die Zahlung muss später nachgeholt werden. Dennoch kann es für Verbraucher sinnvoll sein, die fälligen Zahlungen zunächst zu verweigern, um einen etwaigen coronabedingten Einkommensfortfall auszugleichen. Andere Leistungen der Daseinsvorsorge sind, möglicherweise, wichtiger. Der VN gefährdet seinen Versicherungsschutz dadurch nicht.

Ähnlich verhält es sich bei der Einlöseprämie. Wer also vor dem 08.03.2020 noch einen Versicherungsvertrag geschlossen hat, kann sich auch bei der Einlöseprämie auf die Corona-Einrede berufen.

Das Recht muss ausdrücklich geltend gemacht werden. Außerdem muss im Zweifel belegt werden, dass auch wegen der COVID-19-Pandemie nicht geleistet werden kann. Dies kann durch Verweis auf die angeordnete Kurzarbeit, Einkommensausfälle, usw. erfolgen.

Für alle weiteren Versicherungsprodukte gilt dies wohl nicht. Die Prämien zu Lebens-, Gebäude-, Berufsunfähigkeits-, Haftpflichtversicherungen müssen weitergezahlt werden. Dies, obwohl damit teilweise monatlich hohe Prämien verbunden sein können.

Allerdings sollten Sie, falls Sie in einen finanziellen Engpass geraten, unbedingt Kontakt zu Ihrem Versicherungsunternehmen aufnehmen. Es ist durchaus möglich, dass Ihnen die Prämien zu Ihren Versicherungen gestundet werden und Sie Ihren Versicherungsschutz nicht gefährden. Gerne beraten wir Sie in diesem Zusammenhang.

Alle weiteren Pflichtversicherungen stehen im Zusammenhang mit (frei)beruflicher oder unternehmerischer Tätigkeit.

Kleinstunternehmer – Alle Prämien müssen vorübergehend nicht gezahlt werden

Für Kleinstuntnehmer soll das Leistungsverweigerungsrecht, in Bezug auf alle wesentlichen Dauerschuldverhältnisse, bestehen. Wesentlich sind solche Dauerschuldverhältnisse, die zur Eindeckung mit Leistungen zur angemessenen Fortsetzung seines Erwerbsbetriebs erforderlich sind.

Auch hier wird ausdrücklich die Pflichtversicherung genannt. Diese sind, z. B. die Vermögensschadenshaftpflichtversicherungen für (nicht abschließend):

  • Rechtsanwälte nach § 51 BRAO,
  • Steuerberater nach § 67 StBG,
  • Ärzte und sonstigen Heilberufe nach Landesrecht,
  • Architekten und Ingenieure nach Landesrecht.

Auch hier gilt, greift das Leistungsverweigerungsrecht ein. Wer also am 07.03.2020, als Steuerberater in Kleinunternehmereigenschaft, eine Vermögenschadenshaftpflichtversicherung abgeschlossen hat, dürfte nach dem Entwurf sogar die Zahlung der Erstprämie verweigern und hat trotzdem vollen Versicherungsschutz. Voraussetzung ist, dass er Leistung nicht erbringen kann (z.B. kein Umsatz) oder ihm die Erbringung der Leistung, ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs, nicht möglich wäre (Insolvenz droht).

Sollten Sie als Kleinunternehmer in Zahlungsschwierigkeiten geraten und Prämien zu einer Versicherung, die keine Pflichtversicherung ist, mehr leisten können, dann nehmen Sie unbedingt Kontakt zu Ihrem Versicherer auf. Denn erfahrungsgemäß ist es sinnvoller hier nach einvernehmlichen Lösungen zu suchen, als den Versicherungsschutz zu verlieren.

4. Hinweis für die Praxis

Sollte die Formulierungshilfe in der vorstehenden Form umgesetzt werden, bestehen jedenfalls für Pflichtversicherungsverträge für Verbraucher und Kleinstunternehmer entsprechende Leistungsverweigerungsrechte (Corona-Einrede). Doch auf dieses Recht muss sich der Verbraucher oder Kleinunternehmer ausdrücklich berufen. Im Zweifel muss er beweisen, dass ihm die Leistung der Zahlung, coronakrisenbedingt, nicht möglich gewesen ist.

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