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Vorvertraglichkeit? Eintritt des Rechtsschutzfalls?

Urteil vom 14.11.2017 – OLG Köln, 9 U 40/17

Man spricht vom „Rechtsschutzfall“, der erst nach Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten sein darf, damit Versicherungsschutz besteht. Der „Rechtsschutzfall“ ist der behauptete Rechtsverstoß einer Partei. Der Zeitpunkt, an dem der Rechtsverstoß begangen worden sein soll, ist der Zeitpunkt des Rechtsschutzfalles. Immer wieder kommt es dazu, dass Rechtsschutzversicherer keine Deckung für einen Fall übernehmen, da deren Auffassung nach der Streit schon vor Beginn des Rechtsschutzversicherungsvertrages entstanden sei.

Beispiel:

Ein privater Autoverkäufer verkauft sein Auto an einen Käufer. Der Käufer nimmt den Verkäufer zwei Monate nach dem Autokauf auf Minderung wegen verschwiegener Mängel (Unfallschäden nicht angegeben, KM-Stand falsch usw.) in Anspruch. Jetzt schließt der Autoverkäufer erst eine Rechtsschutzversicherung ab. Dann ist klar, dass er für diesen Fall keine Rechtsschutzdeckung erhalten kann. Er wusste zum Zeitpunkt des Abschlusses der Rechtsschutzversicherung davon, dass ihm ein Rechtsverstoß vorgeworfen wird. Der Rechtsschutzfall ist spätestens seit Anspruchserhebung des Käufers eingetreten. Der Versicherungsvertrag wurde erst danach abgeschlossen. Klarer Fall, für solche bekannten Rechtsverstöße kann nicht nachträglich eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen werden.

Anders aber der hier entschiedene Fall:

Zunächst der Streitfall, für den Rechtsschutz beantragt wurde:
Aufgrund einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung widerriefen die Kläger (Versicherungsnehmer) den zur Finanzierung einer gebrauchten Immobilie abgeschlossenen Darlehensvertrag gegenüber ihrer Bank. Die Versicherungsnehmer vertraten hierbei die Auffassung, die seinerzeit mit dem Darlehensvertrag bei Vertragsschluss überreichte Widerrufsbelehrung wäre fehlerhaft. Die finanzierende Bank weigerte sich, den Widerruf anzuerkennen.

Jetzt der Streit mit der Rechtsschutzversicherung:

Der Rechtsschutzvertrag wurde erst nach Darlehensvertragsunterzeichnung abgeschlossen, aber weit vor dem Widerruf des Darlehensvertrages. Die Rechtsschutzversicherung war nicht bereit, eine Deckungszusage für die vorstehende Auseinandersetzung zu erteilen und berief sich hierbei auf den Umstand, dass die fehlerhafte Widerrufsbelehrung in vorvertraglicher Zeit erteilt worden sei. Die Rechtsschutzversicherung argumentiert, dass bereits vor Abschluss des Rechtsschutzversicherungsvertrages die fehlerhafte Widerrufsbelehrung vom Versicherungsnehmer unterschrieben worden sei und deshalb der Rechtsschutzfall selbst, nämlich die Unterzeichnung der falschen Widerrufsbelehrung, vor Vertragsbeginn läge. Der Rechtsschutzfall sei also entstanden, als die Widerrufsbelehrung erfolgte. Der Versicherungsnehmer meint, der Rechtsschutzfall sei erst eingetreten, als die Bank den späten Widerruf nicht akzeptierte, also den Widerruf zurückwies, da das Zurückweisen des Widerrufs den Rechtsverstoß darstellt. Denn der Widerruf sei berechtigt.

Das Gericht:

Das sah das OLG Köln anders als die Versicherung und stellte klar, dass der Rechtsschutzfall, also der behauptete Rechtsverstoß, erst in dem Moment eingetreten war, in dem sich die Bank weigerte, das Widerrufsrecht der Versicherungsnehmer und die geforderte Rückabwicklung anzuerkennen. Der seitens der Rechtschutzversicherung erhobene Vorvertragseinwand greife daher nicht durch.

Anmerkungen:

Seit der Entscheidung des BGH vom 24.03.2013, Az. IV ZR 23/12, bedarf es (eigentlich) keiner weiteren Diskussion mehr, auf welchen Zeitpunkt zur Ermittlung des Eintritts des Rechtsschutzfalles abzustellen ist. Um die Pflichtverletzung und somit den Rechtsschutzfall zu bestimmen, kommt es auf den Tatsachenvortrag an, mit dem der Versicherungsnehmer den Verstoß begründet. Als frühestmöglicher Zeitpunkt kommt dabei das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten in Betracht, aus dem der Versicherungsnehmer seinen Anspruch herleitet. Das ist vorliegend die Weigerung der Bank, den Widerruf der Darlehensverträge anzuerkennen. Dagegen kommt es für den Eintritt des Rechtsschutzfalles nicht auf die fehlerhafte Widerrufsbelehrung an.

Diese Fehlerhaftigkeit wirft der Versicherungsnehmer der Bank gar nicht als Pflichtenverstoß vor! Er stützt hierauf lediglich sein weiterhin bestehendes Widerrufsrecht.
Die Entscheidung des OLG Köln reiht sich nahtlos in eine Vielzahl gleich lautender Urteile ein, bei denen der Rechtsschutzversicherer bei dem Widerruf von Darlehensverträgen seine Eintrittspflicht verweigert hat. Beispielhaft seien hier nur die Entscheidungen des OLG Karlsruhe, VK 13, 124; LG Frankfurt am Main vom 12.06.2017, Az. 2-08 S 5/17; LG Traunstein vom 11.07.2017, Az. 1 S 878/17 erwähnt.

Die Entscheidung des OLG Köln zeigt jedoch noch einmal genau auf, dass in derartigen Fällen präzise gearbeitet muss. Dies erfordert ein sorgfältiges Herausarbeiten dessen, was genau dem Vertragspartner des Versicherungsnehmers als Pflichtenverstoß vorgeworfen wird. Bei der geforderten Rückabwicklung eines Darlehensvertrags ist dies die Weigerung, das Widerrufsrecht anzuerkennen. Das ist die aktuelle Rechtshandlung bzw. Willenserklärung, die auf eine Veränderung der Rechtslage hinzielt. Der frühere Pflichtenverstoß (fehlerhafte Rechtsbelehrung) ist dagegen unerheblich. Dem Versicherungsnehmer geht es um eine Rückabwicklung des Darlehensvertrags, nicht um eine Korrektur der Widerrufserklärung.

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