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Gothaer muss BU zahlen weil die Schweigepflichtsentbindungserklärung rechtswidrig ist

Urteil vom 26.06.2019 – LG Itzehoe, 3 O 235/17 / Kanzleifall

Berufsunfähigkeitsversicherung: Schweigepflichtentbindungserklärung der Gothaer rechtswidrig!! € 97.500,00 plus Monatsrenten!

Urteil des LG Itzehoe, 3 O 235/17

Unser Mandant leidet seit dem Jahr 2014 unter einer psychischen Erkrankung. Deswegen musste er seinen Beruf als selbständiger Tischler aufgeben und steht seither ohne Einkommen da. Gegen einen solchen Schicksalsschlag glaubte er die Gothaer mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung an seiner Seite zu haben. Dieses Vertrauen ist bitter enttäuscht worden.

Nachdem unser Mandant die Berufsunfähigkeitsrente bei der Gothaer beantragt hatte, holte die Gothaer umfangreiche Arztberichte über unseren Mandanten ein. Hierzu nutzte sie eine sehr umfassende Schweigepflichtentbindungserklärung, wie sie auch heute noch sehr viele Berufsunfähigkeitsversicherer verwenden. Mit dem so erlangten Wissen erklärte die Gothaer die Anfechtung ihrer Vertragserklärung und den Rücktritt vom Vertrag. Die einmal versprochene Rente wollte sie unserem Mandanten nicht zahlen. Eine Katastrophe! Unser Mandant geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Es drohte sogar der Verlust des Eigenheimes. Wir legten der Gothaer zunächst außergerichtlich dar, dass die von ihr erhobenen Vorwürfe falsch waren. Die Gothaer jedoch blieb stur, so dass wir unserem Mandanten zur Klage rieten.

Schweigepflichtentbindungserklärung der Gothaer nicht mehr verwendbar

Wir analysierten die von der Gothaer verwendete Schweigepflichtentbindungserklärung und legte dem Gericht anhand der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs umfassend dar, dass diese Schweigepflichtentbindungserklärung so auf keinen Fall mehr verwendet werden darf. Die Gothaer hat durch die Verwendung ihrer unbeschränkten Schweigepflichtentbindungserklärung unseren Mandanten hierdurch in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Das Landgericht Itzehoe folgte den Ausführungen unserer Kanzlei und wandte als eines der ersten Instanzgerichte die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu viel zu weitreichenden Schweigepflichtentbindungserklärungen an. Folgerichtig stellte das Landgericht Itzehoe das Fortbestehen des Vertrages fest. Das Urteil wurde auch in der Fachpresse verwertet, unser Anwalt veröffentlichte in der „VK Versicherung und Recht kompakt“, Ausgabe 11/2019, S. 183 ff den hier nachzulesenden Fachartikel.

Die Gothaer behauptete außerdem, dass unser Mandant entweder gar nicht berufsunfähig sei, oder wenn er schon berufsunfähig sei, dies schon seit Jahren gewesen sei. In beiden Fällen hätte die Gothaer nichts zahlen müssen. Wir arbeiteten die Krankengeschichte unseres Mandanten sorgfältig auf. Auf dieser Grundlage konnte das Gericht ein Sachverständigengutachten einholen. Die Gutachterin bestätigte eindeutig, dass unser Mandant als selbständiger Tischler berufsunfähig ist. Für die Gutachterin war klar, dass jemand, der ein Jahrzehnt erfolgreich als selbständiger Tischler tätig sein kann, nicht gleichzeitig berufsunfähig sein kann. Damit war auch der Vorwurf der vorvertraglichen Berufsunfähigkeit vom Tisch.

MPU ist keine Beratung / Behandlung wg. Drogen

Ein weiteres Highlight im Urteil war, ob der Versicherer vom abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag zurücktreten kann, wenn der Versicherungsnehmer, um seinen Führerschein wiederzuerlangen, sich einer medizinisch-psychologischen Untersuchung, kurz MPU, unterziehen musste und der Versicherungsnehmer aber bei Antragstellung auf Abschluss des BUZ-Vertrages auf die folgende Frage „Werden oder wurden Sie innerhalb der letzten 10 Jahre wegen Medikamentenmissbrauch, des Konsums von Alkohol, von Betäubungsmitteln oder von Drohung beraten oder behandelt?“ mit „Nein“ geantwortet hat. Der Versicherer war der Auffassung, dass eine medizinisch-psychologische Untersuchung eine Beratung oder Behandlung wegen Drogen etc. darstellt.

Dass das nicht so ist wurde vom Landgericht im Urteil festgestellt. Das war eine wichtige aber neue Erkenntnis und deshalb gibt es auch einen Fachbeitrag in der Zeitschrift „VK Versicherung und Recht Kompakt“, die in ihrer Ausgabe 10/19 auf Seite 165 diese Problematik ausführlich erörtert hat. Jedenfalls wurde dieser Einwand des Versicherers ebenfalls vom Gericht abgelehnt.

Infolgedessen verurteilte das Landgericht Itzehoe die Gothaer zur Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente. Jetzt muss die Gothaer für die bisher (6/2019) schon aufgelaufenen Renten einen Betrag von fast € 100.000,00 zuzüglich Zinsen sowie in Zukunft die fällig werdenden monatlichen Renten zahlen. Damit sind die Lebensgrundlage und das Eigenheim unseres Mandanten für die Zukunft gesichert.

Mitgeteilt von RA Wittig, Fachanwalt für Versicherungsrecht, Partner der Wittig Ünalp PartGmbB1642/16

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