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Eine Versicherung begutachtet vor Vertragsschluss immer die Risikosituation. Muss sie auch dann zahlen, wenn sich sicherheitsrelevante Umstände nachträglich ändern?
Nicht, wenn der Versicherungsnehmer das Risiko vorsätzlich erhöht. Einen solchen Fall hatte vor kurzem das Landgericht Berlin zu entscheiden.
Dem Urteil liegt ein aufsehenerregender Kriminalfall zugrunde: Der Diebstahl der 100-Kilo-Goldmünze „Big Maple Leaf“.
Diese hatte der Kläger einem Berliner Museum zur Ausstellung geliehen. Im März 2017 brachen Diebe in das Museum ein und stahlen die Münze. Das Museum hatte die wertvolle Münze zwar versichert, die beklagte Versicherung zahlte aber nur 20% der Versicherungssumme an den Eigentümer als Versicherten aus. Der Grund: Nach Vertragsschluss waren Sicherheitsvorkehrungen aufgehoben worden. Die Öffnungs- und Verschlussüberwachung eines Fensters war defekt und nicht zeitnah repariert worden. Durch eben dieses Fenster waren die Diebe eingedrungen.
Dem traten Kläger und Museum entgegen. Die Überwachung sei zwar ausgeschaltet gewesen, dafür hätten Museumsmitarbeiter aber die Fenstergriffe abgeschraubt. Die defekte Überwachung sei so kompensiert worden und es sei nicht zu einer gesteigerten Einbruchsgefahr gekommen. Der Kläger zog daher vor Gericht und forderte die gesamte Versicherungssumme.
Das Gericht entschied zugunsten der Versicherung. Eine Versicherung müsse dann nicht leisten, wenn der Versicherungsnehmer nach Vertragsschluss vorsätzlich sicherheitsrelevante Umstände ändere und so die Wahrscheinlichkeit erhöhe, dass der Versicherungsfall eintrete (§ 26 VVG).
Gerade um eine solche „Gefahrerhöhung“ gehe es bei dem unüberwachten Fenster. Bei Abschluss der Versicherung sei das Fenster zentral überwacht gewesen. Jede Fensteröffnung hätte zu diesem Zeitpunkt einen Alarm ausgelöst. Niemand hätte daher das so überwachte Fenster unbemerkt öffnen können. Grundsätzlich könne dies zwar durch andere Maßnahmen kompensiert werden. Das Entfernen der Fenstergriffe genüge dafür aber nicht. Mit einem passenden Werkzeug habe schließlich jeder das Fenster von innen öffnen können. Der Täter hätte sich nur im Museumsinneren versteckt halten oder einen Museumsmitarbeiter als Komplizen haben müssen. Die Öffnungs- und Verschlussüberwachung wäre hingegen nicht so leicht zu umgehen gewesen.
Diese Gefahrerhöhung hätten die Museumsmitarbeiter auch vorsätzlich verursacht. Ihnen sei bewusst gewesen, dass die Einbruchsgefahr durch die defekte Überwachung gesteigert werde. Gerade aus diesem Grund hätten sie die Fenstergriffe demontiert.
Die Versicherung müsse aufgrund dieser vorsätzlichen Gefahrerhöhung daher nicht die volle Summe auszahlen. Die Klage auf weitere € 3,36 Mio € nebst Zinsen wurde abgewiesen.
Vor Abschluss eines Versicherungsvertrags prüft die Versicherung die Risikosituation. Bei nachträglicher Änderung der sicherheitsrelevanten Umstände müssen Versicherter und Versicherungsnehmer vorsichtig sein. Entsprechende Veränderungen erhöhen in vielen Fällen die Gefahr für die versicherte Sache. Tritt anschließend der Versicherungsfall ein, kann die Versicherung zumindest bei Vorsatz die Schadensregulierung verweigern. Grobe Fahrlässigkeit berechtigt zur anteiligen Kürzung der Zahlung.
Nachträgliche Gefahrerhöhungen sind allerdings auch kein Freifahrtschein für die Versicherung. Sie muss ohne Abstriche zahlen, wenn die veränderten Umstände für den Schaden überhaupt nicht ursächlich waren. Dasselbe gilt, wenn sie auch einen Monat nach Kenntnis der Gefahrerhöhung den Versicherungsvertrag nicht gekündigt hat.
Wichtig: Immer dann, wenn sich die Risikosituation geändert hat, den Versicherer davon informieren. Den Nachweis der Information muss der Versicherungsnehmer führen, also bitte nachweislich informieren. Wenn dann der Versicherer „schläft“ und nichts unternimmt, hat man vollen Versicherungsschutz.
Aus all dem folgt: Es lohnt ein zweiter Blick, wenn sich die Versicherung auf den Ausschluss des Versicherungsschutzes wegen Gefahrerhöhung beruft.
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